Für Zwecke einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) besteht auf Gesellschaftsebene die Vermutung für die private Kfz-Nutzung eines an den Alleingesellschafter-Geschäftsführer überlassenen betrieblichen Pkw auch bei Vereinbarung eines Privatnutzungsverbots, so zumindest das FG Köln mit Urteil v. 8.12.2022.
Der in der Rechtsprechung als Form der mittelbaren Beweisführung gewohnheitsrechtlich anerkannte Anscheinsbeweis beruht auf der Erfahrung, dass bestimmte Sachverhalte typischerweise bestimmte Folgen auslösen oder umgekehrt, dass bestimmte Folgen auf einen typischen Geschehensablauf hindeuten. Dem Anscheinsbeweis liegt damit ein typischer, aber nicht unbedingt der tatsächliche Sachverhalt zugrunde.
In dem entschiedenen Fall stritten die Beteiligten darüber, ob bei der klagenden GmbH eine vGA und unentgeltliche Wertabgaben für die private Nutzung eines betrieblichen PKW durch ihren alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer zu berücksichtigen sind.
Dem Gesellschafter-Geschäftsführer stand in den Prüfungsjahren ein betrieblicher Porsche Cayenne zur Verfügung. Daneben war privat ein Porsche Cabriolet auf ihn zugelassen.
Die Betriebsprüfung vertrat hinsichtlich des Porsche Cayenne die Auffassung, das im Geschäftsführer-Anstellungsvertrag vereinbarte Verbot der Privatnutzung sei nicht zu akzeptieren, da der Geschäftsführer privat über kein gleichwertiges Fahrzeug verfüge. Der betriebliche Pkw Porsche Cayenne sei deutlich hochwertiger als der Porsche Cabriolet, der ihm privat zur Verfügung stehe.
Nach Ansicht des FG hat das Finanzamt in den Streitjahren aufgrund eines von der Klägerin nicht erschütterten Anscheinsbeweises dem Grunde nach zu Recht vGA im Zusammenhang mit der Privatnutzung des dem Alleingesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin überlassenen betrieblichen Pkw Porsche Cayenne berücksichtigt, diese der Höhe nach aber zu Gunsten der Klägerin zu niedrig bemessen. Die unbefugte Privatnutzung in diesem Sinne durch das Gesellschaftsverhältnis zumindest mitveranlasst und führt nach der Rechtsprechung des BFH auf Gesellschaftsebene stets zu vGA. Das gilt insbesondere dann, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer kein Fahrtenbuch führt, keine organisatorischen Maßnahmen getroffen werden, die eine Privatnutzung des Fahrzeugs ausschließen und eine unbeschränkte Zugriffsmöglichkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers auf den Pkw besteht.
Dem hat sich das FG Köln selbst für den Fall angeschlossen, dass dem alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH neben dem streitbefangenen, von der Gesellschaft ohne Vereinbarung über eine Privatnutzung überlassenen betrieblichen Fahrzeug noch ein weiterer betrieblicher Pkw ausdrücklich zur privaten Nutzung und ein privater Pkw zur Verfügung stehen. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung nutze ein Gesellschafter auch unter diesen Umständen ein ihm zur Verfügung stehendes Betriebsfahrzeug für private Fahrten. Hierfür spreche zum einen, dass ein Pkw regelmäßig auch privat genutzt werde. Zum anderen widerspreche es der Lebenserfahrung, dass – wenn eine Fahrt teils betrieblichen, teils privaten Zwecken diene – das Fahrzeug gewechselt werde. Vielmehr werde gerade das Fahrzeug genutzt, das zur Verfügung stehe. Stehe das Fahrzeug, dessen private Nutzung im Anstellungsvertrag geregelt sei, (z.B. wegen einer Inspektion) nicht zur Verfügung, werde das andere Fahrzeug genutzt.
Daraus folgt für die Praxis unverändert die Konsequenz, dass in derartigen Fällen sorgfältig zu dokumentieren ist, dass eine private Nutzung des betrieblichen PKW tatsächlich und vereinbarungsgemäß nicht stattfindet. Dazu eignet sich am besten ein Fahrtenbuch, so lästig es auch ist.
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