Streitgegenstand des Verfahrens vor dem OLG München (Schlussurteil vom 13.05.2020, Az. 7 U 1844/19) war die Frage, ob gesellschaftsvertragliche Regelungen und Gesellschaftervereinbarungen, die einem Gesellschafter, einer Gruppe von Gesellschaftern oder einer Gesellschaftermehrheit in einer GmbH das Recht einräumen, einen Mitgesellschafter ohne sachlichen Grund auszuschließen, nichtig sind. Das Gericht bejahte diese Frage im Grundsatz.
Beim Kläger handelt es sich um einen Gesellschafter-Geschäftsführer, der zusammen mit 16 anderen Personen an der beklagten GmbH beteiligt war. Der Kläger hielt 25 % der Geschäftsanteile. In einer Gesellschaftervereinbarung bot der Kläger der Gesellschaft aufschiebend bedingt für jeden Fall der Beendigung seines Dienstvertrages oder der Organstellung als Geschäftsführers an, seine Beteiligung an die Gesellschaft oder einen Dritten zu verkaufen. Mit Beschluss der Gesellschafter der Beklagten vom 26.03.2018 wurde der Kläger mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführer abberufen und von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt. Mit Schreiben vom selben Tag wurde der Geschäftsführerdienstvertrag ordentlich zum 30.09.2018 gekündigt. Am 23.04.2018 beschlossen die übrigen Gesellschafter den Erwerb der Geschäftsanteile durch die Gesellschaft zu einem Kaufpreis i.H.v. 225.000,00 EUR. Mit notariellem Vertrag vom 21.12.2018 verkaufte die Beklagte die Anteile an eine GmbH. Die Beschlussfassung vom 23.04.2018 greift der Kläger nun an.
Das Oberlandesgericht gab dem Kläger recht. Das vereinbarte Ankaufsrecht der Gesellschaft sei nichtig. Hintergrund der Entscheidung des Gerichts ist das häufig in der Praxis anzutreffende sog. „Managermodell“, wonach Fremd-Geschäftsführer Geschäftsanteile erhalten, um ihre Bindung an die Gesellschaft zu vertiefen. Zudem soll der Geschäftsführer dadurch am Erfolg der Gesellschaft beteiligt werden. Um einen Gleichlauf zwischen Geschäftsführer- und Gesellschafterstellung sicher zu stellen, wird vereinbart, dass der Geschäftsführer mit Verlust des Geschäftsführeramts durch Niederlegung oder Abberufung auch seine Geschäftsanteile zurückgeben muss.
Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BGH (vgl. Urteil vom 19.09.2005, Az. II ZR 173/04) sei ein solche Konstellation sittenwidrig und damit nichtig, wenn der Gesellschafter von seinen Mitgesellschaftern aus der Gesellschaft „hinausgekündigt“ werden kann. Eine Ausnahme sei dann zu machen, wenn wegen der besonderen Umstände ein sachlicher Grund für die freie Ausschließungsmöglichkeit gegeben sei. Ein solcher Grund könne etwa gegeben sein, wenn die gesellschaftsrechtliche Beteiligung eines Geschäftsführers mit bis zu 10 % nach dem Unternehmenskonzept die Funktion hat, den Geschäftsführer stärker an das Unternehmen zu binden, seine Motivation zu steigern und seine Stellung als „geschäftsführender Gesellschafter“ innerhalb des Betriebes und nach außen aufzuwerten.
In dem vorliegenden Fall sei ein sachlicher Grund jedoch nicht gegeben. Schon die Beteiligungshöhe des Anteils des Klägers an der Gesellschaft von 25 % spreche dagegen, die Beteiligung des Klägers als reinen Annex zu seiner Geschäftsführertätigkeit zu qualifizieren. Dies sei nur dann der Fall, wenn es praktisch ausgeschlossen wäre, dass der Kläger seine Vorstellungen in der Gesellschafterversammlung durchsetzen kann. Gerade dies sei indes nicht tatsächlich unmöglich. Zudem sei damit zu rechnen, dass die 16 Gesellschafter keinesfalls immer gleich abstimmen, sondern von Fall zu Fall einige von ihnen mit ihm koalieren würden. Außerdem habe der Kläger ein erhebliches wirtschaftliches Risiko übernommen.
Praxishinweis
Für die rechtliche Zulässigkeit des hier dargestellten „Managermodells“ kommt es im Wesentlichen auf die Höhe der Beteiligung des Gesellschafters und die Beteiligungsstruktur der Gesellschaft an. Eine konkrete Grenze, bis zu welcher Höhe eine Beteiligung auf Zeit nach dem Managermodell zulässig ist, gibt es jedoch nicht. Maßgeblich ist vielmehr, inwieweit die Beteiligung in der Gesellschafterversammlung die Möglichkeit der Einflussnahme gibt. Darüber hinaus sollte der Manager kein wirtschaftliches Risiko übernehmen.