Das OLG Oldenburg musste über die Zulässigkeit eines identitätswahrenden Rechtsformwechsels einer ausländischen Gesellschaft in eine deutsche Personengesellschaft entscheiden.
Bei der Antragstellerin handelte es sich um eine luxemburgische Investment-Fonds-Gesellschaft mit der Rechtsform einer „Société en commandite simple“ (S.C.S.), an der 18 Kommanditisten mit Kommanditeinlagen zwischen 200.000,00 EUR und 1.000.000,00 EUR beteiligt sind. Am 28.03.2019 fand eine außerordentliche Gesellschafterversammlung der Gesellschaft statt, bei der u.a. eine Verlegung der Gesellschaft in eine deutsche Stadt sowie eine Umwandlung in eine Kommanditgesellschaft deutschen Rechts beschlossen wurde.
Mit Erklärungen vom 09.05. und 10.05.2019 haben die Geschäftsführer der beiden Komplementärinnen sowie die Registerbevollmächtigte aller Kommanditisten die Eintragung der identitätswahrenden grenzüberschreitenden Sitzverlegung mit Formwechsel zum Handelsregister des Amtsgerichts Aurich angemeldet. Das Amtsgericht wies den Eintragungsantrag mit Beschluss vom 15.10.2019 zurück, da keine gesetzlichen Regelungen für eine grenzüberschreitende Sitzverlegung gegeben seien. Auch das deutsche Umwandlungsgesetz enthalte keine Regelungen über die Hineinverschmelzung einer Personengesellschaft aus dem Ausland. Dagegen wendet sich nun die Antragstellerin mit einer Beschwerde.
Die Beschwerde hatte Erfolg. Mit Beschluss vom 30.06.2020 (Az. 12 W 23/20) stellt das OLG Oldenburg die Zulässigkeit der begehrten Eintragungen fest. Zwar sei richtig, dass das deutsche Umwandlungsgesetz den Formwechsel einer Personengesellschaft in die Rechtsform einer anderen Personengesellschaft nicht regele. Diese gelte sowohl für inländische als auch für grenzüberschreitende Konstellationen. Die fehlende Regulierung bedeute hingegen nicht, dass der angestrebte Formwechsel nicht möglich sei. Vielmehr vollziehe sich dieser bereits nach den allgemeinen Vorschriften des HGB. So werde eine GbR zur OHG, indem die Gesellschaft ein Handelsgewerbe betreibt oder sich in das Handelsregister eintragen lässt. Die OHG wiederum werde zur KG durch Beschränkung der Haftungseinlage mindestens eines Gesellschafters.
In all diesen Fällen bleibe die Identität der Gesellschaft erhalten. Vergleichbar mit einem solchen Inlandssachverhalt vollziehe sich auch der grenzüberschreitende Formwechsel von Personengesellschaften bereits kraft allgemeiner gesetzlicher Grundlagen, ohne dass hierfür ein formelles Umwandlungsverfahren durchlaufen werden müsse. Die Frage, ob der grenzüberschreitende Formwechsel auch identitätswahrend durchgeführt werden könne, beurteile sich anhand des Gesellschaftsrechts des Herkunftslandes, das die grenzüberschreitende Sitzverlegung unter Wahrung der Identität der Gesellschaft ermöglichen müsse. Soweit dies nicht der Fall sei, führe die grenzüberschreitende Sitzverlegung zur Auflösung der Gesellschaft im Herkunftsland, mit der Folge, dass ihre Gesellschafter im Zuzugsstaat durch Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit eine neue Gesellschaft gründen können, die vornherein dem Recht dieses Staates unterliege. Vorliegend habe das luxemburgische Recht einen identitätswahrenden Formwechsel durch grenzüberschreitende Sitzverlegung ermöglicht.
Praxishinweis
Ausländische Gesellschaften aus der Europäischen Union können ihren Sitz nach Deutschland verlegen, ohne ihre Rechtsform ändern zu müssen. Der Beschluss des OLG zeigt, dass die zuziehende Gesellschaft jedoch nicht gehalten ist, ihre Rechtsform zu wahren. Es ist ebenso möglich mit der Sitzverlegung einen Formwechsel in eine deutsche Personengesellschaft zu vollziehen.