Das OLG München hat mit Urteil vom 02.12.2020 (Az. 7 U 4305/20) entschieden, dass ein Ausschließungsbeschluss noch nicht zum Ausschluss des betroffenen Gesellschafters führt, wenn eine entsprechende Satzungsregelung fehlt.
Im Rahmen eines Gesellschafterstreits war der Kläger als Gesellschafter und zugleich Geschäftsführer einer Zwei-Personen-GmbH dem Vorwurf schwerer Pflichtverletzungen ausgesetzt. Im Rahmen einer Gesellschafterversammlung, in der über die sofortige Abberufung des Klägers als Geschäftsführer sowie über die Einziehung seiner Geschäftsanteile jeweils aus wichtigem Grund entschieden werden sollte, stimmte die Mitgesellschafterin des Klägers dafür und der Kläger selbst dagegen. Die Versammlungsleiterin stellte fest, dass der Kläger einem Stimmverbot unterlag. Sie sah die Abberufung und den Ausschluss aus der Gesellschaft daher als beschlossen an.
Dagegen erhob der Kläger Anfechtungsklage. Zudem beantragte er im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens, bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache weiterhin als Gesellschafter und Geschäftsführer mit allen Rechten und Pflichten behandelt zu werden. Das vorinstanzliche Landgericht München I bestätige die Gesellschafterstellung des Klägers. Die beklagte Gesellschaft legte gegen diese Entscheidung das Rechtsmittel der Berufung ein.
Die Berufung hatte Erfolg. Allerdings stellte das Gericht zunächst klar, dass der Ausschließungsbeschluss in Ermangelung einer Satzungsregelung noch nicht zum Ausschluss des betroffenen Gesellschafters führe. Vielmehr bedürfe es in einer solchen Konstellation für einen wirksamen Ausschluss eines Gestaltungsurteils nach erfolgreich erhobener Ausschlussklage. Die vorläufige Verbindlichkeit des festgestellten Ausschließungsbeschlusses führe daher noch nicht zu einem Ausschluss des Klägers, gegen den dieser sich noch mit einer Anfechtungsklage wehren könne.
Dass die Berufung dennoch Erfolg hatte, lag daran, dass der Kläger einen Verfügungsgrund dem Gericht zufolge nicht glaubhaft gemacht habe. Insbesondere müsse der Gefahr der Einreichung einer unrichtigen Gesellschafterliste begründende Umstände hinzutreten. Solche Gründe habe der Kläger jedoch weder behauptet noch glaubhaft gemacht. Vielmehr sei unstreitig, dass der Kläger trotz des streitgegenständlichen Ausschließungsbeschlusses zu den nachfolgenden Gesellschafterversammlungen der Beklagten eingeladen wurde und daran auch teilgenommen hat. Dies mache deutlich, dass die beklagte Gesellschaft entsprechend davon ausgeht, dass der Kläger trotz des Ausschließungsbeschlusses bis zur Erwirkung eines rechtskräftigen Ausschließungsurteils weiterhin ihr Gesellschafter ist. Zudem sei die Gefahr der Aufnahme einer geänderten und unrichtigen Gesellschafterliste in das Handelsregister auch schon deshalb derzeit nicht erheblich, da das Registergericht die Aufnahme der Gesellschafterliste dann verweigern kann, wenn die eingereichte geänderte Gesellschafterliste offenkundig unrichtig ist oder wenn das Registergericht sichere Kenntnis von der inhaltlichen Unrichtigkeit der eingereichten Liste hat.
Praxishinweis:
Für ausgeschlossene Gesellschafter ist das einstweilige Verfügungsverfahren von wesentlicher Bedeutung, da der Gesellschafter durch Hinterlegung einer (falschen) Gesellschafterliste vorläufig alle Gesellschafterrechte verliert. Er erlangt diese Rechte erst dann zurück, wenn er mit einer Klage gegen Ausschließungs- und Einziehungsbeschluss Erfolg gehabt hat. Um diesen Rechtsverlust entgegenzuwirken, ist ein einstweiliges Verfügungsverfahren erforderlich. Wie das Urteil zeigt, sind die Anforderungen an ein solches Verfahren jedoch hoch. Der Gesellschafter muss insbesondere darlegen, dass ihm ohne Erlass einer einstweiligen Verfügung irreparable Schäden drohen. Im vorliegenden Fall konnte der Kläger dies nicht glaubhaft machen.