Einheitlicher Arbeitsschutzstandard „COVID-19“ für Arbeitgeber

17.04.2020
Arbeitsrecht
3 Minuten

Nachdem die Bundesregierung am 15. April 2020 bekanntgab, dass die in den letzten Wochen geltenden Maßnahmen und Verbote aufgrund der Corona Pandemie ab dem 20. April 2020 schrittweise gelockert werden und etwa Geschäfte mit einer Verkaufsfläche von bis zu 800 m² wieder öffnen dürfen, stellte das Bundesarbeitsministerium nun einen neuen Arbeitsschutzstandard vor.

Der pandemiebedingte neue Arbeitsschutzstandard gilt bundesweit einheitlich und ist verbindlich. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung Stefan Hussy stellten die zehn Eckpunkte, an die sich branchenunabhängig alle Arbeitgeber halten müssen, in einer Pressekonferenz vor. Insbesondere die Punkte 3 bis 7 enthalten dabei konkrete Anweisungen an Unternehmen und Betriebe.

Die Eckpunkte lauten wie folgt:

1. Arbeitsschutz gilt weiter – und muss bei einem schrittweisen Hochfahren der Wirtschaft zugleich um betriebliche Maßnahmen zum Infektionsschutz vor SARS-CoV-2 ergänzt werden

Wenn sich wieder mehr Personen im öffentlichen Raum bewegen, steigt das Infektionsrisiko – und damit das Risiko steigender Infektionszahlen und Überlastung des Gesundheitswesens. Dazu ist ein hoher Arbeitsschutzstandard notwendig, der dynamisch an den Pandemieverlauf angepasst wird.

2. Sozialpartnerschaft nutzen, Arbeitsschutzexperten einbinden, Angebot arbeitsmedizinischer Vorsorge ausweiten

Eine gelebte Sozialpartnerschaft in den Betrieben hilft gerade jetzt, die notwendigen Schutzmaßnahmen wirksam im betrieblichen Alltag zu verankern. Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit beraten den Arbeitgeber bei der Umsetzung des SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandards und unterstützen bei der Unterweisung. Die Betriebe bieten ihren Beschäftigten zusätzliche freiwillige, ggf. telefonische, arbeitsmedizinische Vorsorge an.

3. Der Sicherheitsabstand von mindestens 1,5 Metern wird universell auch bei der Arbeit eingehalten – in Gebäuden, im Freien und in Fahrzeugen

In den Betrieben werden entsprechende Absperrungen, Markierungen oder Zugangsregelungen umgesetzt. Wo dies nicht möglich ist, werden wirksame Alternativen ergriffen.

4. Abläufe werden so organisiert, dass die Beschäftigten möglichst wenig direkten Kontakt zueinander haben

Schichtwechsel, Pausen oder Anwesenheiten im Büro werden durch geeignete organisatorische Maßnahmen entzerrt, Kontakte der Beschäftigten untereinander werden im Rahmen der Schichtplangestaltung auf ein Minimum reduziert.

5. Niemals krank zur Arbeit

Personen mit erkennbaren Symptomen (auch leichtes Fieber, Erkältungsanzeichen, Atemnot) verlassen den Arbeitsplatz bzw. bleiben zu Hause, bis der Verdacht ärztlicherseits aufgeklärt ist. Hier sind auch die Beschäftigten gefragt, ihre gesundheitliche Situation vor Arbeitsbeginn zu prüfen, um ihre Kolleginnen und Kollegen nicht in Gefahr zu bringen.

6. Zusätzlichen Schutz bei unvermeidlichem direkten Kontakt sicherstellen

Wo Trennung durch Schutzscheiben nicht möglich ist, werden vom Arbeitgeber Nase-Mund-Bedeckungen für die Beschäftigten und alle Personen mit Zugang dessen Räumlichkeiten (wie Kunden, Dienstleister) zur Verfügung gestellt.

7. Zusätzliche Hygienemaßnahmen treffen

Waschgelegenheiten bzw. Desinfektionsspender werden vom Arbeitgeber bereitgestellt, um die erforderliche häufige Handhygiene am Ein-/Ausgang und in der Nähe der Arbeitsplätze zu ermöglichen. Kurze Reinigungsintervalle für gemeinsam genutzte Räumlichkeiten, Firmenfahrzeuge, Arbeitsmittel und sonstige Kontaktflächen verbessern den Infektionsschutz weiter. Auf die verbindliche Einhaltung einer „Nies-/Hustetikette“ bei der Arbeit wird besonders geachtet!

8. Arbeitsmedizinische Vorsorge nutzen; Risikogruppen besonders schützen

Viele bangen um ihre Gesundheit. Arbeitsmedizinische Vorsorge beim Betriebsarzt ermöglicht individuelle Beratung zu arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren. Auch Vorerkrankungen und Ängste können hier besprochen werden. Wird dem Arbeitgeber bekannt, dass eine Person einer Risikogruppe angehört, soll er die erforderlichen individuellen Schutzmaßnahmen ergreifen.

9. Betriebliche Beiträge zur Pandemievorsorge sicherstellen

Um schnell auf erkannte Infektionen reagieren zu können, erarbeiten Arbeitgeber betriebliche Routinen zur Pandemievorsorge und kooperieren mit den örtlichen Gesundheitsbehörden, um weitere möglicherweise infizierte Personen zu identifizieren, zu informieren und ggf. auch isolieren zu können. Beschäftigte werden angehalten, sich bei Infektionsverdacht an einen festen Ansprechpartner im Betrieb zu wenden.

10. Aktive Kommunikation rund um den Grundsatz „Gesundheit geht vor“

Der Arbeitgeber unterstützt aktiv seine Beschäftigten. Führungskräfte stellen vor Ort klar, dass Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten Priorität haben. Alle zusätzlichen betrieblichen Infektionsschutzmaßnahmen und Hinweise werden verständlich erklärt und ggf. erprobt und eingeübt.

Bundesarbeitsminister Heil stellte klar, dass Sicherheit und Gesundheit von Arbeitnehmern oberste Priorität habe. Wer momentan zur Arbeit gehe, verdiene besonderen Schutz. Darüber hinaus sei es für Arbeitgeber auch deshalb wichtig, die Schutzmaßnahmen einzuhalten, weil das Risiko bestünde, dass sich im Falle eines einzelnen erkrankten Mitarbeiters die gesamte Belegschaft in Quarantäne begeben müsse und betroffene Unternehmen so um ihre Existenz fürchten müssten.

Es gehe ausdrücklich nicht darum, Arbeitgeber schon im Falle eines ersten Verstoßes zu sanktionieren, sondern ihnen bei der Einführung und Einhaltung der Maßnahmen zu helfen und sie zu beraten. Zwar werde die Einhaltung durch die Behörden stichprobenartig in einzelnen Unternehmen kontrolliert, die Bundesregierung habe aber nicht vor, die bereits angeschlagene Wirtschaft durch Sanktionen zu belasten. Dies deutet darauf hin, dass von Bußgeldern bei Erstverstößen möglichst abgesehen werden soll; wiederholte Zuwiderhandlungen dürften hingegen sanktioniert werden.

Um Arbeitnehmer vor Ansteckungen so weit wie möglich zu schützen, aber auch aufgrund der ausdrücklichen Klarstellung, dass alle Arbeitgeber sich an die Maßnahmen zu halten haben und der Ankündigung von Kontrollen empfehlen wir, die Eckpunkte aus dem Arbeitsschutzstandard unverzüglich innerbetrieblich umzusetzen. Gern stehen wir Ihnen insoweit bei Rückfragen zur Verfügung.

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