Der Arbeitgeber gewinnt durch Befristungen die nötige Flexibilität, etwa auch um Auftragsspitzen oder Ausfälle in der Belegschaft aufzufangen, ohne das Risiko, sich langfristig an Mitarbeiter zu binden, die er möglicherweise in Zukunft gar nicht mehr beschäftigen kann oder will. Das Gesetz unterscheidet dabei zwischen der Befristung mit Sachgrund sowie der sachgrundlosen Befristung. § 14 Abs. 2 S. 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) erklärt eine sachgrundlose Befristung für unzulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein Arbeitsverhältnis bestand. Insbesondere die Frage, ob der Wortlaut der Norm uneingeschränkt jede weitere sachgrundlose Befristung für unzulässig erkläre, wenn in der Vergangenheit bereits eine solche bestanden hat, oder ob hier nicht eine teleologische, also an Sinn und Zweck der Norm orientierten, Reduktion des Wortlauts vonnöten sei, ist seit jeher eine vieldiskutierte Frage.
Das BAG hielt lange Zeit eine Vorbeschäftigung aber dann für unschädlich, wenn diese bereits länger als drei Jahre zurücklag. Diese Rechtsprechung hat das BAG (BAG v. 23.01.2019 – 7 AZR 733/16 u. BAG v. 17.04.2019 – 7 AZR 323/17) nach der Feststellung der Verfassungswidrigkeit durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG v. 06.06.2018 – 1 BvL 7/14 u. 1 BvR 1375/14) mittlerweile aufgegeben. Eine Vorbeschäftigung soll nur dann nicht entgegenstehen, wenn diese sehr lange zurückliegt, ganz anders geartet war oder von sehr kurzer Dauer gewesen ist. Wann aber ist eine Beschäftigung sehr lange her? Wann ist sie anders geartet?
Das BAG hat diese Kriterien in mehreren Entscheidungen weiter ausgelegt. Mit Urteil vom 23.01.2019 (Az. 7 AZR 733/16) hat es festgestellt, dass ein Arbeitsverhältnis, das 8 Jahre zurück liegt, nicht „sehr lange zurück“ in diesem Sinne ist. Mit Urteil vom 17.04.2019 (7 AZR 323/17) hat es auch einem Zeitraum von 15 Jahren eine Absage erteilt. In der Entscheidung vom 21.8.2019 (7 AZR 452/17) ließ es letztlich einen Zeitraum von 22 Jahren ausreichen. Das BAG begründete seine Entscheidung damit, dass es unzumutbar wäre, den Arbeitgeber wegen eines derart lang zurückliegenden befristeten Anstellungsverhältnisses in seiner wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit einzuschränken.
Für die Praxis bedeutet dies, dass bei sachgrundlosen Befristungen zukünftig wieder sehr genau geprüft werden muss, ob ein Mitarbeiter bereits früher für das Unternehmen tätig war. Gerade bei größeren Unternehmen mit wechselndem Personal im HR Bereich kann dies mitunter schwierig sein. Eine anders geartete Tätigkeit wird man wohl auch nur dann annehmen können, wenn diese gänzlich anders gelagert ist und keinerlei Bezug zur späteren Tätigkeit aufweist. Das Risiko einer unwirksamen Befristung steigt daher wieder für Arbeitgeber. Die Entscheidungen des BAG haben erkennbar Einzelfallcharakter, weshalb eine generelle Aussage darüber, wie lang die Unterbrechung zwischen zwei sachgrundlosen Befristungen sein muss, nicht getroffen werden kann. Diese Rechtsunsicherheit kann nur der Gesetzgeber beseitigen, indem er eine verbindliche zeitliche Grenze festlegt, bei deren Ablauf eine erneute sachgrundlose Befristung zulässig ist.
Im Koalitionsvertrag der großen Koalition zwischen CDU, CSU und SPD vom 07.02.2018 war eine maximal zulässige Quote von 2,5 % der Belegschaft bei einer Unternehmensgröße von mehr als 75 Mitarbeitern vorgesehen. Nach unseren Informationen soll diese Quote nicht mehr umgesetzt werden, was sicher einige Sorgen weniger bei betroffenen Arbeitgebern auslösen wird. Wie immer in der Politik gilt aber: Man weiß nie, was noch kommt.